29 Schätze und neue Perlen im Meggerwald
Für viele Menschen ist das Erleben der besonderen Natur des Meggerwaldes - Underer Wald ein Gewinn und ein Ausgleich zum hektischen Berufsleben. Wir erholen uns, wenn wir uns durch diesen Wald und die Feuchtgebiete im Adliger, Udliger, Küssnachter und Megger Gemeindegebiet bewegen – wir werden ruhiger. Immer mehr Menschen erkennen den grossen Wert der Feuchtgebiete in dieser besonderen Gegend. Die 29 Feuchtgebiete, bestehend aus Flachmooren, Hochmooren und Riedwiesen, sind zu Rückzugsgebieten seltener und geschützter Arten geworden. Einige von ihnen werden als Naturschutzgebiete von nationaler Bedeutung eingestuft. Genauso wichtig sind diese 29 Besonderheiten aber auch als Emotionsauslöser. Wenn wir sie nur anschauen, und die geniale Komposition aus Teichen, wasserführenden Gräben, Bäumen, Wiesen, Sträuchern, Blumen und Himmel erkennen. Wenn wir Vogelgesang und Amphibienstimmen wahrnehmen, wenn wir Rehen und Vögeln zuschauen und Orchideen und andere seltene Pflanzen betrachten. Für mich ist dies alles eine starke Quelle der Freude, der Entspannung und der Resilienz – und da bin ich ganz sicher nicht alleine.
Ich laufe oft durch diese Natur und sehe immer wieder Neues. Anfang Januar, ich war auf dem Weg vom Langeried zum Wagenmoos, stellte ich eine Veränderung fest. Direkt am Weg gelegen, sah ich vier hintereinander liegende Ausbaggerungen. Vier neu erstandene Waldweiher schon halb mit Wasser gefüllt. Und es hat nicht lange gedauert, da stiess ich auf weitere neu entstandene Waldweiher, die wie Perlen an einer Schnur, hintereinander angelegt waren. Es schien mir fast, als gehörten diese neu entstandenen Weiher zu einem geplanten Netzwerk. Ich weiss nicht, wie es Ihnen ergangen wäre, aber mich überkam bei diesem Anblick eine grosse Freude. Ich habe mir sofort ausgemalt, was nun im nahen Frühling passieren wird. Es werden sich sehr schnell erste Pflanzen um die Weiher ansiedeln, wie etwa Sumpfdotter, Seggen und Binsen. Dies wird aber nur ein Anfang sein. Im Wasser werden sich, besonders bei höheren Temperaturen, Mikroorganismen vermehren, wie etwa Bakterien, Einzeller, Mikro-Algen, Hefen und Pilze. Durch dieses „Mikrobiom“ wir das Wasser biologisch aktiv und „gesund“ werden. Es wird bereit sein, weitere Arten anzuziehen und zu beherbergen. In der Folge werden sich Insekten(larven), Spinnentiere, Würmer, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln, Amphibien, Reptilien, Vögel, und Säugetiere ansiedeln und vermehren, viele davon schon im ersten Frühling/Sommer. Es wird eine Lebensgemeinschaft entstehen, die Karl-August Möbius als Biozönose bezeichnet hatte. Möbius hat den Begriff der Ökologie (als Fach der Biologie) geprägt und erkannt, dass diese Lebensgemeinschaft durch vielfältige Synergien zusammenspielt und immer vielfältiger werden wird. An wenigen Orten leben so viele verschiedene Tiere und Pflanzen auf einem Fleck wie in einem Weiher. Waldweiher wie diese sind Hotspots der Artenvielfalt. Wo neue Stillgewässer entstehen oder restauriert werden, nimmt die Menge der Insekten um das 25-Fache zu – und mit ihr die Zahl der Vögel und anderer Insektenfresser.Wir leben in einer Zeit, in der Arten global zuhauf verloren gehen – auch in der Schweiz. Eine niedrige Biodiversität kann zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen und begünstigt somit die Vermehrung von Schädlingen und Krankheitserregern. In der Folge steigt die Gefahr von Missernten. Der massive Rückgang der Insekten bedroht die Bestäubung wichtiger Nutzpflanzen und reisst eine verheerende Lücke in das Nahrungsangebot bestimmter Vogelarten und anderer Insektenfresser. Und nicht zuletzt verschärft die Biodiversitätskrise die Klimakrise, denn es sind die gesunden, CO2-bindenden Ökosysteme, die den Temperaturanstieg effektiv bremsen können.
Deshalb sind alle Massnahmen, die dem Artensterben entgegenwirken, wie z.B. das Ausheben von Waldweihern, so wichtig und erfreulich. Besonders wichtig und erfreulich ist es, dass es im oben geschilderten Fall einen politischen Willen gab, der von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald, Fachbereich Waldbiodiversität, lanciert wurde. Finanziert werden die Projekte von der Albert Köchlin Stiftung in Luzern sowie mit Beiträgen von Bund, Kanton und den Gemeinden Adligenswil und Udligenswil. Nicht minder wichtig und erfreulich ist aber auch, dass die entsprechenden Waldbesitzer für diese Projekte gewonnen werden konnten. In diesem Zusammenwirken sehe ich den Geist, der wirklich etwas bewegt. Vielleicht gibt es in der Dienststelle Landwirtschaft und Wald ja bald auch einen Fachbereich „Feldbiodiversität“, der dann ähnlich Erfreuliches und so dringend Nötiges auf unseren an Arten verarmten Agrarflächen bewirken kann? Es ist mittlerweile Frühling geworden und das Leben wird Einzug halten in und um die neuen Waldweiher im Megger Wald - Underer Wald. Wir sollten dieses Leben schätzen und achten und gespannt sein, wie es sich über die Jahre entwickeln wird.