, Merz Andreas

Landschaden schafft Lebensraum?

Ein Landschaden sollte eigentlich verhindert werden, doch manchmal ist ein Schaden nur halb so schlimm.

Bei einem meiner letzten Meggerwaldbesuche habe ich spezielle Spuren entdeckt. Nein, keine seltene Tierart hat in feuchter Erde Abdrücke hinterlassen. Es sind Karrenspuren vergangener Fahrten über das wohl etwas zu nasse Feld. Was bedeuten Fahrspuren aber für die Böden und die Biodiversität, habe ich mich gefragt?

Problematische Bodenverdichtung

Böden sind eine wichtig, verkannte und unverzichtbare Lebensgrundlage unserer Welt. Gesunde Böden ernähren die Welt, heisst es so schön. Auf degradierten Böden wachsen Pflanzen hingegen schlechter. Verdichtung durch unsachgemässe Bewirtschaftung wie mit dem Einsatz von zu schweren Maschinen ist einer der Gründe, wiese die Qualität von Landwirtschaftsböden abnimmt. Verdichtete Böden verlieren dadurch die Fähigkeit, Wasser aufzusaugen und uns so vor Überschwemmungen zu schützen. Genauso weisen verdichtete Böden ein reduziertes Bodenleben und in der Folge eine verminderte Bodenfruchtbarkeit auf. In wenigen Sekunden angerichtet, kann es Jahrzehnte dauern, bis sich der Boden wieder erholt. Böden sollen deshalb vor Verdichtung verschont werden.

Neuer Lebensraum durch Fahrspuren

In nassen Flächen führen tiefe Fahrspuren, beispielsweise von Traktoren, auch zu unerwünschter Bodenverdichtungen. In einer wassergesättigten Umgebung füllen sich diese jedoch mit Wasser. Bleibt das Wasser über längere Zeit stehen, können solche Fahrspuren von Amphibien besiedelt werden. Gelbbauchunken suchen zur Fortpflanzung gezielt solche «Pioniergewässer» auf. In den nassen Stellen wachsen in der Folge andere Pflanzen, welche stehendes Wasser mögen. Lokal erhöht sich damit die Vielfalt an Pflanzenarten. Haben solche, auch unbeabsichtigte Fahrspuren über einen längeren Zeitraum Bestand und werden nicht mehrmals pro Jahr durch unsachgemässe Bewirtschaftung erneut überfahren, kann ein angerichteter Landschaden am richtigen Ort durchaus bereichernd sein.


Eindrücklich zeigt sich dies etwa im Moosried. Dort haben sich Fahrspuren auf einer Frühschnittfläche im Laufe der Jahre zu eigentlichen Abflussrinnen entwickelt. Die dadurch begünstigte Dynamik hat weitere Rinnen entstehen lassen. Diese bilden inzwischen ein System von kleinen Rinnsalen, über welche das überschüssige Regenwasser abfliesst. Als Lebensraum haben solche Rinnsale etwa für Libellen, z.B. den Kleinen Blaupfeil, eine grosse Bedeutung, da sie über längere Zeit Wasser führen, weniger rasch zuwachsen und damit besser besonnt sind.

Auf die Dosis und den Ort kommt es an!

Die Erkenntnis, dass tiefe Fahrspuren gute wie schlechte Wirkungen haben können, macht eine Schlussfolgerung nicht einfacher. Klar ist, dass es im Meggerwald Schutzgebietsflächen gibt, die zu wertvoll sind, als dass dort Fahrspuren positiv wären. Entsprechend sorgfältig müssen Bewirtschafter vorgehen und der Situation entsprechend geeignete Maschinen einsetzen. In Schutzgebieten kann der Kanton auch Vorschriften erlassen und damit sicherstellen, dass die schweren und grossen Maschinen für Arbeiten in Schutzgebieten im Stall bleiben und stattdessen kleinere, schonendere Maschinen eingesetzt werden und so der Förderung der Biodiversität den grössten Dienst erweisen. Sind in Schutzflächen Aufwertungen mit Kleingewässern erwünscht, überlässt man die Umsetzung deshalb lieber Fachpersonen. Entsteht aber in einer weniger artenreichen, nassen Wiese eine tiefe Fahrrinne, so ist dies im Sinne der Lebensraumvielfalt durchaus positiv und nicht per se negativ.